Die Möglichkeit, CO2 zu kompensieren, sorgt zwar fürs gute Gewissen beim Reisen, kann aber die Klimaprobleme auch verschärfen. Foto: Getty Images

Wieso CO2-Kompensationen die Klimaprobleme verschärfen

Wieso CO2-Kompensationen die Klimaprobleme verschärfen

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Hand aufs Herz: Glaubst du an die Klimakompensation? Falls nicht, bist du in guter Gesellschaft. Kompensieren führe zu einem gefährlichen Systemerhalt, sagt Klimaexperte Georg Klingler von Greenpeace.

Der Drang ist riesig: Nach zwei Jahren Corona-Pandemie fliegen Ferienhungrige wieder zu Abertausenden in die Ferne. Doch der Wunsch kommt zu einem hohen Preis fürs Klima: So belastet zum Beispiel ein Retourflug Zürich-Athen das Klima mit über 0,6 Tonnen CO2. Fliegen zwei Personen, beträgt die Emission schon über eine Tonne.

Der Drang ist riesig: Nach zwei Jahren Corona-Pandemie fliegen Ferienhungrige wieder zu Abertausenden in die Ferne. Doch der Wunsch kommt zu einem hohen Preis fürs Klima: So belastet zum Beispiel ein Retourflug Zürich-Athen das Klima mit über 0,6 Tonnen CO2. Fliegen zwei Personen, beträgt die Emission schon über eine Tonne.

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Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, haben findige Köpfe den Kompensationsknopf erfunden: Beim Online-Buchen des Flugs kann die zu erwartende CO2-Emission für wenig Geld mehr mit einer guten Tat gegengerechnet werden. Dasselbe gilt fürs Online-Shopping.

Das Prinzip ist so einfach wie genial: Wo zu viel CO2 entsteht, wird dort gegengerechnet, wo ein Minus auf dem CO2-Konto entsteht. Eine Firma, die zu viel produziert, kann sich freikaufen. Das Ganze nennt sich Zertifikatshandel und sorgt dafür, dass die CO2-Emissionen unter dem Strich möglichst nicht zunehmen.

Kompensieren ja – aber …

Bei der zweiten Methode werden mit dem für die Kompensation bezahlten Franken klimafreundliche Projekte unterstützt – zum Beispiel das Aufforsten von Bäumen. Was als gute Sache verkauft wird, kommt jedoch mit einem grossen Aber: «Bäume zu pflanzen hilft nicht», sagt Georg Klingler, Klimaspezialist von Greenpeace. Eine neue Studie habe gezeigt, dass gerade die beliebte Methode des Waldaufforstens oft das Gegenteil bewirkt: Es entsteht unter dem Strich oft mehr CO2.

Der Grund: Die Bäume werden nach dem Anpflanzen entweder nicht gepflegt und gehen ein. Noch schlimmer: Vor dem Anpflanzen wird die Fläche gerodet, sodass das Anpflanzen als Klimakompensation verkauft werden kann. «Bäume aufforsten wird gerne gemacht, denn das ist am billigsten», sagt er.

Aber auch bei der Finanzierung zum Beispiel von Kleinkraftwerken im Gegensatz zu Kohlekraftwerken sei Vorsicht geboten. «Wer garantiert, dass nicht trotzdem ein Kohlekraftwerk hingestellt wird?», fragt er. Man gehe bei solchen Projekten oft von idealen Annahmen aus, nicht von der Realität.

Kompensieren ist zu billig

Der Greenpeace-Experte betont aber, dass viele Projekte auch positive ökologische und soziale Wirkungen haben. Es brauche solche Projekte für den Klimaschutz, nur dürften sie nicht Anlass sein, mit den Emissionen wie bisher weiterzumachen.

«Die Klimakompensation bremst die CO2-Emissionen. Wir müssen sie aber auf null herunterbringen.» Die Kompensation führe zum Erhalt eines falschen Systems: Sie animiere die Menschen dazu, ihre Gewohnheiten beizubehalten, statt sie zu ändern.

Statt des Kompensationsknopfes müssten den Konsumierenden Alternativen aufgezeigt werden: Zum Beispiel, dass sich ein Ziel auch gut mit dem Zug statt dem Flieger erreichen lässt. Oder dass ein Einkauf auch klimafreundlicher möglich ist – dafür vielleicht aber etwas mehr koste.

Kompensieren sei heute noch viel zu billig, schliesst er: «Würde man die vollen Klimakosten eines Fluges verrechnen, müssten Reisende pro erzeugte Tonne CO2 200 Franken Kompensation bezahlen.» Alles andere sei Greenwashing.

Um das schlechte Gewissen zu beruhigen, haben findige Köpfe den Kompensationsknopf erfunden: Beim Online-Buchen des Flugs kann die zu erwartende CO2-Emission für wenig Geld mehr mit einer guten Tat gegengerechnet werden. Dasselbe gilt fürs Online-Shopping.

Das Prinzip ist so einfach wie genial: Wo zu viel CO2 entsteht, wird dort gegengerechnet, wo ein Minus auf dem CO2-Konto entsteht. Eine Firma, die zu viel produziert, kann sich freikaufen. Das Ganze nennt sich Zertifikatshandel und sorgt dafür, dass die CO2-Emissionen unter dem Strich möglichst nicht zunehmen.

Kompensieren ja – aber …

Bei der zweiten Methode werden mit dem für die Kompensation bezahlten Franken klimafreundliche Projekte unterstützt – zum Beispiel das Aufforsten von Bäumen. Was als gute Sache verkauft wird, kommt jedoch mit einem grossen Aber: «Bäume zu pflanzen hilft nicht», sagt Georg Klingler, Klimaspezialist von Greenpeace. Eine neue Studie habe gezeigt, dass gerade die beliebte Methode des Waldaufforstens oft das Gegenteil bewirkt: Es entsteht unter dem Strich oft mehr CO2.

Der Grund: Die Bäume werden nach dem Anpflanzen entweder nicht gepflegt und gehen ein. Noch schlimmer: Vor dem Anpflanzen wird die Fläche gerodet, sodass das Anpflanzen als Klimakompensation verkauft werden kann. «Bäume aufforsten wird gerne gemacht, denn das ist am billigsten», sagt er.

Aber auch bei der Finanzierung zum Beispiel von Kleinkraftwerken im Gegensatz zu Kohlekraftwerken sei Vorsicht geboten. «Wer garantiert, dass nicht trotzdem ein Kohlekraftwerk hingestellt wird?», fragt er. Man gehe bei solchen Projekten oft von idealen Annahmen aus, nicht von der Realität.

Kompensieren ist zu billig

Der Greenpeace-Experte betont aber, dass viele Projekte auch positive ökologische und soziale Wirkungen haben. Es brauche solche Projekte für den Klimaschutz, nur dürften sie nicht Anlass sein, mit den Emissionen wie bisher weiterzumachen.

«Die Klimakompensation bremst die CO2-Emissionen. Wir müssen sie aber auf null herunterbringen.» Die Kompensation führe zum Erhalt eines falschen Systems: Sie animiere die Menschen dazu, ihre Gewohnheiten beizubehalten, statt sie zu ändern.

Statt des Kompensationsknopfes müssten den Konsumierenden Alternativen aufgezeigt werden: Zum Beispiel, dass sich ein Ziel auch gut mit dem Zug statt dem Flieger erreichen lässt. Oder dass ein Einkauf auch klimafreundlicher möglich ist – dafür vielleicht aber etwas mehr koste.

Kompensieren sei heute noch viel zu billig, schliesst er: «Würde man die vollen Klimakosten eines Fluges verrechnen, müssten Reisende pro erzeugte Tonne CO2 200 Franken Kompensation bezahlen.» Alles andere sei Greenwashing.

Erste Veröffentlichung: 
24.6.2022
  |  Letztes Update: 
24.6.2022
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